Die Kirche in Müdehorst

Informationsblatt
Erster Spatenstich 2018 (Dr. Sven Spiong, Leiter der
LWL-Archäologie, Außenstelle Bielefeld, und Dr. Johannes
Altenberend, Vorsitzender des Historischen Vereins für die
Grafschaft Ravensberg, Foto: Polster)
Im Sommer 2018 haben Mitglieder des Historischen Vereins mit
Unterstützung der LWL-Archäologie die Grundmauern der Kirchenruine
Müdehorst in Bielefeld-Niederdornberg freigelegt. Anschließend
wurden Bruchsteinplatten verlegt, um den Grundriss der Kirche
langfristig sichtbar zu erhalten. So soll der älteste durch
schriftliche und archäologische Zeugnisse nachgewiesene Kirchenbau
in der Stadt Bielefeld stärker ins historische Bewusstsein der
Bevölkerung gerückt werden.
Die freigelegten Fundamente des südöstlichen Chores und Schiffes der Kirche, 1949 (Foto: Heimatverein Dornberg)
Bereits 1949 hatten Archäologen auf der Wiese des Hofes Meyer
zur Müdehorst den Grundriss einer der ältesten Kirchen in
Westfalen entdeckt. Bei Grabungen des Historischen Vereins 1992
wurden diese Ergebnisse bestätigt, wodurch auch nachgewiesen war,
dass die Vita Waltgeri aus dem 12. Jahrhundert mehr als nur eine
Heiligenlegende ist, sondern einen historischen Kern besitzt. Nach
der Lebensbeschreibung des Adeligen Waltger von Dornberg gründete
dieser vor 789 auf seinem eigenen Grund und Boden in „Mudehorst“
eine christliche Gemeinschaft adliger Stiftsdamen „zu Ehren der
heiligen Gottesmutter Maria“. Als der Krieg Karls des Großen gegen
die heidnischen Sachsen noch tobte, sollte durch das Kloster die
Missionierung und Christianisierung der Heiden vorangetrieben und
die Eingliederung der Sachsen ins christliche Karolinger Reich
gesichert werden.
Die teilweise bis zu 1 Meter dicken Fundamente der Ruine
sprechen für eine aus Bruchsteinen errichtete Saalkirche. Sie
besaß einen eingezogenen rechteckigen Chor und die für die
damalige Zeit beeindruckenden Ausmaße von 32,5 Metern Länge und
etwa 10 Metern Breite. Falls in Müdehorst weitere Stiftsgebäude
erbaut oder Christen dort bestattet wurden, so schlummern deren
Überreste noch unentdeckt im Boden.
Die Kirche in Müdehorst: Rekonstruktionszeichnung 2018 (LWL-Archäologie)
Laut Waltgers Lebensbeschreibung wurde die Stiftsgründung in
Müdehorst nicht vollendet. Erst nach einem weiteren
Gründungsversuch in Oldenherforde, im südlichen Bereich der
heutigen Herforder Altstadt, wurde sie schließlich 789 an der
Stelle der Herforder Münsterkirche verwirklicht. Die Kirche in
Müdehorst ist damit gemeinsam mit der Peterskirche im nahen
Kirchdornberg ein Zeugnis für die Anfänge des Christentums in der
Region. Neben beiden Kirchen lagen jeweils die Haupthöfe einer
„Villikation“, eines grundherrschaftlichen Höfeverbandes, welche
die wirtschaftliche Versorgung des Stiftes in Müdehorst
sicherstellen sollten.
Bei den Ausschachtungsarbeiten 1992 und 2018 wurde neben
zerkleinerten Stücken des Bruchsteins der Grundmauer auch Flint
gefunden, also Steinabschläge. Diese weisen darauf hin, dass sich
in der Steinzeit beziehungsweise zu Beginn des Neolithikums, also
mehrere tausend Jahre vor Christi Geburt, Menschen auf der der
günstig gelegenen Ebene aufgehalten und Werkzeuge aus Stein
hergestellt haben.
Der Historische Verein hat die Planung und Durchführung des
Projektes Müdehorst übernommen.. Zum Tag des offenen Denkmals 2018
erfolgt die Übergabe an die Bielefelder Öffentlichkeit. Obwohl der
Verein vielfältige Hilfen erhalten hat, fehlen noch finanzielle
Mittel für die Bereitstellung von Hinweistafeln und
Informationsmaterial. Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen!