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Geschichte des VereinsAuszug aus dem I. Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg zu Bielefeld, 1877:Wie in so manchen Städten unseres Vaterlandes, insbesondere auch unserer Provinz, hat sich auch in Bielefeld das Bedürfnis geltend gemacht, einen historischen Verein zu gründen, in der Absicht, dem nivellirenden Zeitgeiste gegenüber die Denkmäler der Kunst und Literatur zu erhalten, zu sammeln und in dem Sinne zu verwerthen, daß der geschichtliche Zusammenhang mit der Vergangenheit unserer Stadt und Landschaft erkannt und gewahrt würde. Ein erster Versuch in dieser Richtung, welcher im Jahre 1865 von dem damaligen Gymnasialdirektor Dr. Herbst gemacht wurde, kam in Folge mancher widrigen Umstände, besonders der damals alle anderen Interessen in den Hintergrund drängenden Verhältnisse unseres Vaterlandes nicht zur Ausführung. Doch ruhte die einmal angeregte Sache nicht. Im Jahre 1876 fand sich ein Kreis von Freunden zusammen und constituirte sich am 27. Mai d. J. zu einem Vereine, welcher seine Statuten in nachstehender Verfassung entwarf: Statuten des historischen Vereins zu Bielefeld § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9 Dieses Statut wurde unterzeichnet von den in der Versammlung anwesenden Personen, dem Herrn Gymnasialdirektor Prof. Dr. Nitzsch, Gymnasiallehrer Dr. Willbrandt, Oberst a. D. Hildebrandt, Buchhändler Joh. Klasing, Postmeister a. D. Voigtel, Direktor der höheren Töchterschule Beschoren, Redakteur Assessor Herring, Pastor Goebel, Ober-Bürgermeister Huber, Baumeister Biermann, Kaufmann H, Krönig, Professor Collman, Pastor Vieregge, Oberlehrer Dr. Holzweißig, Kaufmann Otto Westermann, Kaufmann Gottfried und Albrecht Delius, Cantor Grovemeyer, und dann beschlossen, einen Aufruf an die Bürgerschaft zu erlassen und mit dessen Abfassung die Herren Albr. Delius, Voigtel, Grovemeyer, Holzweißig und Otto Westermann zu betrauen. Am 21. Juni fand nun die erste Generalversammlung im Bückardt'schen Saale statt, in welcher der Vorstand für das nächste Jahr gewählt wurde. Die Stimmzettel ergaben folgendes Resultat: Vorsitzender Direktor
Nitzsch, Sämmtliche Herren nahmen die Wahl an, mit Ausnahme des Herrn Westermann, welcher bei seiner häufigen Abwesenheit von Bielefeld den Verpflichtungen eines Vorstandsmitgliedes nicht entsprechen zu können glaubte. An seiner Stelle wurde Pastor Goebel gewählt.
125 Jahre Historischer Verein für die Grafschaft Ravensberg - Ein Rückblick auf das letzte Vierteljahrhundert"Die Vergangenheit
kritisch auszuwerten, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft
mitzugestalten - das bleibt die Aufgabe unseres Vereins auch für die kommenden
Jahrzehnte" - mit diesen Worten schloss der langjährige, im Jahre 1989
verstorbene Vereinsvorsitzende Erich Forwick seinen Rückblick auf hundert Jahre
Vereinsgeschichte ab. Damals, 1976, konnten die Mitglieder mit berechtigtem
Stolz auf Leistungen verweisen, die vor allem in Bielefeld nachhaltige Spuren
hinterlassen und bleibende Werte geschaffen haben. Das Museumswesen
einschließlich des Bauernhausmuseums, die Gründung des Stadtarchivs und der
ihm verbundenen Bibliothek und der Ankauf der Sparrenburg zählen ebenso dazu
wie die Jahrzehnte lange Betreuung der Museen und Sammlungen durch ehrenamtlich
tätige Vereinsmitglieder. Die staatliche Zahl der Jahresberichte und
Ravensberger Blätter und die Sonderveröffentlichungen des Vereins,
schließlich die wissenschaftliche Arbeit einzelner haben zur Kenntnis der
Bielefelder und Ravensberger Geschichte unendlich viel beigetragen und das
Verständnis für die unsere Gegenwart bestimmende Vergangenheit von Stadt und
Region gefördert. Nicht zu vergessen schließlich die Arbeitsgemeinschaften:
Hier bot sich immer die Gelegenheit, in Vorträgen und klärendem Gespräch
aktiv am Vereinsleben mit seinen vielen historischen Interessengebieten
teilzunehmen und wissenschaftliche wie heimatkundliche und genealogische
Forschung mitzugestalten. Exkursionen haben sowohl das Ravensberger Land
erschlossen als auch in weit entfernte Regionen geführt. Nach zwölfjähriger Amtszeit hat der Vereinsvorsitzende Erich Forwick 1980 aus Altersgründen sein Amt niedergelegt; von der Mitgliederversammlung wurde er im Jahr darauf zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Die Nachfolge übernahm Dr. Reinhard Vogelsang, der Leiter des Stadtarchivs. Wegen der zusätzlichen Belastung, die ihm mit dem Aufbau des Historischen Museums übertragen worden war, konnte er 1989 nicht mehr kandidieren. Ihm folgte, vor nunmehr zwölf Jahren, Eberhard Delius im Vorsitz nach. Seitdem leiten mit ihm zusammen der zweite Vorsitzende Dr. Johannes Altenberend, der Schatzmeister Wilken Kisker und als Schriftführer Prof. Dr. Vogelsang die Geschicke des Vereins. Auf der Jahreshauptversammlung am 17. Februar 2001 sind alle vier für eine neue Amtsperiode wiedergewählt worden. Die Ehrenmitgliedschaft erhielten in den letzten 25 Jahren Frau Dr. Ursula Niemann, Herr Martin Asholt (beide 1990), Herr Otto-Wilhelm Bertelsmann, Frau Dr. Gertrud Angermann (beide 1993) und Herr Werner Fischer (1998). Im Mittelpunkt der Bemühungen des Vereins stand in den ersten Jahres das neu zu gründende Historische Museum. 1964, anlässlich der 750-Jahrfeier der Stadt, war dazu ein Ratsbeschluss gefasst worden, doch ließ die Verwirklichung auf sich warten. Erst mit dem Ankauf des Gebäudekomplexes der ehemaligen Ravensberger Spinnerei bot sich die wirkliche Chance des Neubeginns. Eine Arbeitsgruppe des Vereins befasste sich mit der Entwicklung einer Konzeption, woraus viele Anregungen später bei der Umsetzung verwirklicht worden sind. Entscheidend war jedoch, dass die Gruppe zusammen mit Mitarbeitern des Stadtarchivs 1986 eine Ausstellung in der provisorisch hergerichteten Sheddachhalle aufgebaut und betreut hat. Unter dem Titel "Bielefelds Weg ins Industriezeitalter" haben rund 10 000 Besucher, einzeln und in geführten Gruppen, diese Ausstellung gesehen. Damit ist gleichsam der Beweis für die Möglichkeiten eines historischen Museums in der traditionsreichen Spinnerei geliefert worden. Die Sheddachhalle und die daneben liegenden Gebäude der Karderie und der Schlosserei wurden dann durch den Architekten Peter Obbelode zum Museum umgebaut. Am 8. Mai 1994 ist es eröffnet worden.
Die Ravensberger Blätter waren, anders
als die regelmäßig ein- oder zweijährig erscheinenden
Jahresberichte, nur noch selten heraus- gekommen. 1980 nahm sich
ihrer Martin Asholt an und gab ihnen ein neues Gesicht. Nach
mehrjähriger Arbeit als Herausgeber hat er die Redaktion an
Johannes Altenberend und Martin Tabaczek übergeben, zu denen in
jüngster Zeit nach Bärbel Sunderbrink getreten ist. Den
Jahresbericht des Historischen Vereins redigiert seit Mitte
der 70-er Jahre der Stadtarchivar Dr. Reinhard Vogelsang. Der
80. Jahrgang 1992/93 war Frau Dr. Gertrud Angermann zu ihrem
70. Geburtstag gewidmet. Neue
Arbeitsgemeinschaften sind entstanden. 1987 fanden sich unter der Leitung von
Heinz-Dieter Zutz Freunde der Archäologie zusammen. Die neugegründete AG hat
mit Genehmigung des Amtes für Bodendenkmalpflege erfolgreich Grabungen an der
Ruine der Klosterkirche am Jostberg unternommen. Die Sicherung der Ruine ist
allerdings noch nicht abgeschlossen. Ferner wurde nach den seit langem bekannten
Fundamenten der Klosterkirche auf dem Acker des Meiers zu Müdehorst in
Niederdornberg-Deppendorf gesucht. Die Grabungen ergaben, anders als man bisher
wusste, einen recht großen Kirchenraum. Damit wurde die Bedeutung dieses
frühen Klosters offenkundig, das später nach Herford verlegt worden ist.
Schließlich fanden die Archäologen auf Grund gezielter Suche auch Reste der
Kapelle auf dem Mönkehof in Uerentrup. Das Bauernhausmuseum,
1917 auf Betreiben des Historischen Vereins entstanden, ist vor allem in den
30-er Jahren um eine Reihe von Gebäuden ergänzt worden. Mit Bockwind- und
Bokemühle, Spieker und Backhaus war es eines der am besten besuchten
Bielefelder Museen. 1995 brannte das Haupthaus, der alte Meierhof zu Ummeln,
nach einem Defekt der Elektroinstallation bis auf die Grundmauern nieder. Nicht
nur das Gebäude, auch die Ausstattung und die vielen Ausstellungsstücke gingen
verloren. Auf Anregung des Vorsitzenden verleiht der Historische Verein seit 1990 jährlich den nach seinem früheren Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden benannten Gustav-Engel-Preis. Mit diesem Preis werden Nachwuchswissenschaftler, vorzugsweise von der Bielefelder Universität, ausgezeichnet, und zwar für Magister- und Staatsexamensarbeiten oder Dissertationen, die sich mit der Bielefelder und Ravensberger Geschichte befassen. Der mit 3 000 DM dotierte Preis ist inzwischen elf Mal vergeben worden. Im städtischen Kalender hat sich die im Herbst stattfindende Verleihung längst einen festen Platz gesichert. Die jüngsten
Aktivitäten des Verein galten dem Ausgrabungsfeld
an der Welle in
Bielefeld. Dieses innerstädtische Areal war bis zur Zerstörung im Zweiten
Weltkrieg dicht bebaut, meist mit Fachwerkhäusern oder kleineren Steinhäusern.
Nach dem Krieg wurde es nur planiert und als Parkplatz verwandt, so dass alles,
was sich im Boden verbarg, weitestgehend unbeschädigt geblieben ist. Die
Absicht, auf dem Gelände ein großes Gebäude mit vielseitiger Nutzung zu
errichten, rief das Amt für Bodendenkmalpflege auf den Plan. Das Amt stellte
die Forderung, zunächst mit wissenschaftlich gesicherten, archäologischen
Methoden zu graben und die Befunde festzuhalten, ehe gebaut würde. Hierin
wurden die Archäologen vom Verein unterstützt. Auf der Jahreshauptversammlung
1999 verabschiedeten die Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, diese
Grabungen zu ermöglichen. Erreicht wurde eine Zweijahresfrist, innerhalb derer
sie abgeschlossen sein sollen. Der Historische Verein
hat, das mag aus diesem Rückblick deutlich geworden sein, seine traditionellen
Aufgaben weitergeführt. Am Jubiläumstag, dem
27. Mai
2001
Der Vorstand |